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Angaben zum Begriff

Bevorzugte Bezeichnung

Gewölbe  

Typ

  • owl:NamedIndividual

Definition

  • Ein raumüberdeckender, bogenförmiger und sich selbsttragender Mauerkörper aus Keilsteinen, der zwischen Widerlagern gespannt ist und entweder eine massive Gewölbeschale oder tragende Rippen mit zwischengespannten Gewölbefachen besitzt. Im weiteren Sinne werden neben den gemauerten "echten" Gewölben auch die formal verwandten Wölbungen aus anderen Steinen oder Werkstoffen als Gewölbe bezeichnet, von den antiken Gußgewölben bis hin zu modernen Schalen und Pseudogewölben, von den Kraggewölben bis zum hölzernen Kuppelgewölbe. In seiner Grundform hat ein Gewölbe parallel verlaufende Widerlager, eine horizontale Achse und ScheitelIinie und eine gekrümmte Gewölbelinie. Man unterscheidet drei Hauptformen: Tonnengewölbe, Durchdringungsgewölbe und Kuppelgewölbe Das schwere Gewölbe aus Stein ist heute weitgehend durch dünne Schalen ersetzt, durch Flächentragwerke aus Spannbeton, die in allen Richtungen Zug-und Druckspannungen ertragen. [Glossarium Artis] (de)
  • Gekrümmte, aus Holz, Stein, Beton, Glas, Metall gebaute Decke über einem Raum. Die Widerlager (Mauern, Pfeiler usw.) fangen Druck und Schub des Gewölbes auf. 1. Tonnengewölbe. Sein Querschnitt ist ein Halbkreis oder Kreissegment, er kann auch spitzbogig gebrochen sein. Stellt man sich über den Diagonalen des Grundrisses senkrechte Schnitte durch das Tonnengewölbe vor, so ergeben sich 4 Teile: 2 Kappen an den Stirnseiten, 2 Wangen oder Walme an den beiden Widerlagerseiten. Der Druck der Kappen liegt auf den Ecken, die Wangen belasten die gesamten Widerlagsmauern. Eine steigende Tonne hat einen steigenden Scheitel (besonders über Treppen). Ein Gewölbe, das quer zur Achse eines Hauptgewölbes verläuft und sich mit diesem verschneidet, bildet eine Stichkappe (besonders häufig über Fenstern, die in die Gewölbezone reichen). Bei gleicher Scheitelhöhe der beiden Gewölbe entsteht ein Kreuzgewölbe. 2. Das Kreuzgratgewölbe entsteht, wenn 2 Tonnengewölbe gleicher Höhe sich rechtwinklig schneiden, d.h. es setzt sich aus 4 Tonnenkappen zusammen. Die Schnittstellen heißen Grate. Den Druck fangen die Stützen auf, den Seitenschub die Widerlagsmauern bzw. die Strebepfeiler. 3. Beim Kreuzrippengewölbe werden zunächst an der Stelle der Grate Rippen gespannt, die in den verschiedenen Stilepochen unterschiedliche Profile zeigen. Sie tragen die Last und führen sie in die Pfeiler ab. Die Kappen bestehen aus leichtem Mauerwerk (z.B. Lohstein). Jochbildung: Lange Gewölbe werden oft durch Gurtbögen, die quer zur Hauptachse des Raumes verlaufen (Quergurte), in einzelne Joche = Travéen zerlegt. Längsgurte verlaufen in Achsenrichtung und begrenzen das Joch seitlich. Rhythmische Travée heißt ein z.B. durch Wechsel von Pfeiler und Säule (Stützenwechsel) in sich rhythmisch gegliedertes Joch. Gebust oder busig ist ein Gewölbe, wenn seine Kappen leicht ansteigen, so dass der Scheitelpunkt des Kreuzgewölbes höher liegt als die Scheitel der Längs- und Quergurte. Ein kuppelartig gebustes 8-teiliges Rippengewölbe (4 Kreuz-, 2 Querrippen zwischen Kämpfern und Schlussstein, 2 Scheitelrippenabschnitte) heißt Domikalgewölbe. Vgl. »angevinisches Gewölbe«. 4. Figurierte Gewölbe heißen Gewölbe, deren Rippen Figuren bilden (Stern- und Netzgewölbe der Spätgotik). Die Rippen des Sterngewölbes bilden sternförmige Figuren. Die Jocheinteilung bleibt gewahrt. Durch Aufgeben der Einteilung in Einzeljoche entstehen die Reihungen des Netzgewölbes. Das Fächergewölbe, Trichter-, Kelchgewölbe breitet seine Rippen von einem Punkt aus fächerförmig aus. Besonders in der englischen Spätgotik verbreitet [...]. Bei Stern-, Netz- und Fächergewölbe können freie Kombinationen aus mehreren Rippenarten auftreten (sh. Liernengewölbe): a) Hauptrippen (Kreuz-, Quer- und Scheitelrippe); b) Tiercerone, Einz. Tierceron (Rippen 2. Grades, die von den Kämpfern der Jochecken zur Scheitelrippe aufsteigen, manchmal auch zur Querrippe führen [...], aber den Hauptschlussstein nicht berühren); c) Liernen (Rippen 3. Grades, die die Jochecken nicht berühren). Zellengewölbe sind eine Sonderform des Netzgewölbes in der norddeutschen Backsteingotik (Backsteinbau). Sie bilden kerbschnittförmige Räume zwischen den Rippen oder gratähnlichen Stegen. Von gewundenen Reihungen spricht man, wenn die Rippen eines (spätgotischen) Stern- oder Netzgewölbes auch in ihrem Grundriss gekrümmt sind. 5. Das Klostergewölbe besteht aus 4 oder mehr Wangen einer Tonne. Es belastet die Mauern allseitig. Oft über polygonalem Grundriss. 6. Muldengewölbe sind als Tonnengewölbe mit gewölbten Enden oder als Klostergewölbe mit zwischengefügtem Tonnenstück erklärbar. 7. Ein Spiegelgewölbe entspricht einem Mulden- oder Kreuzgewölbe, dessen oberer Teil abgeschnitten ist. Die obere ebene, rechteckige oder elliptische (Barock!) Fläche heißt Spiegel. Die Kuppel ist eine Sonderform des Gewölbes. [Koch 2009] (de)
  • Gewölbeformen. Die einfachsten G. sind die Tonnengewölbe mit halbkreisförmigem Querschnitt (Rundtonne), die Halbtonne mit Viertelkreisquerschnitt (Einhüftiges Gewölbe, Horng.), die Flachtonne mit segmentbogenförmigem Querschnitt, die Parabeltonne mit parabol. Querschnitt und die Spitztonne mit Spitzbogenquerschnitt. Die dem Kämpfer zugeordneten Teile der Gewölbeschale heißen beim Tonnengewölbe Wangen, die der Öffnung am nächsten gelegenen Kappen. Steigende Tonnen sind Tonnengewölbe mit steigendem Scheitel. Eine Ringtonne hat eine im Grundriss kreisförmig verlaufende Scheitellinie. Eine steigende Ringtonne wird als Spiral-, Spindel- oder Schnecken gewölbe bezeichnet (z.B. Unterbau von Wendeltreppen). Tonnengewölbe können oben und unten durch Gurtbogen verstärkt sein (Obergurt, Untergurt). Der Scheitel einer Längstonne läuft parallel zur Längsachse des Raums, der einer Quertonne im rechten Winkel dazu. Längs- und Quertonnen können auch beim selben Bauwerk vorkommen. Beim Verschnitt zweier gleich hoher Tonnengewölbe entsteht das Kreuzgewölbe (Kreuzkappengewölbe), das man sich auch aus der Verbindung von vier Kappen (Kreuzkappen, Gewölbekappen) entstanden denken kann. Die Gewölbeflächen eines Kreuzgewölbes (Kreuzgratgewölbe) verschneiden sich in Graten (Kreuzbogen, Diagonalbogen), deren Grundrissprojektion aus Diagonalen des Gewölbefelds besteht. Der Gurtbogen trennt die Gewölbefelder desselben Schiffs, während der Scheidbogen quer zum Gurtbogen verläuft und die nebeneinanderliegenden Gewölbefelder zwischen den einzelnen Schiffen abtrennt. Ist der Scheitelpunkt eines Kreuzgewölbes höher als die Scheitel der Gurt- und Wandbogen (Schildbogen), so entsteht eine Busung, die auch bei anderen G. vorkommen kann. Sind verschieden lange Seiten eines Rechtecks zu überwölben, so kann der Halbkreisbogen über der kürzeren Seite auch gestelzt werden (Stelzbogen), um die Scheitelhöhe des Halbkreisbogens über der längeren Seite zu erreichen. Drei Kappen über dreieckigem Grundriss ergeben ein Dreistrahlgewölbe. Das Klostergewölbe ist dagegen ausschließl. aus Wangen zusammengesetzt, die auf den Umfassungsmauern polygonaler Bauten aufruhen. Im Gegensatz zu der formal verwandten Kuppel sind die Wangen des Klostergewölbes durch Grate voneinander getrennt. Das Muldengewölbe kann man sich aus einem Tonnengewölbe entstanden vorstellen, dessen Schmalseiten durch Wangen geschlossen sind. Muldengewölbe mit einer ebenen Fläche anstelle des Scheitels heißen Spiegelgewölbe. Ein Kegelgewölbe entwickelt sich über einem kreisrunden Grundriss bei dreieckigem Querschnitt. Gewölbe, bei denen im Verlauf der Grate tragende Rippen angeordnet sind, heißen Rippengewölbe. Anstelle des Kreuzgratgewölbes entsteht so das Kreuzrippengewölbe, bei dem die Rippen die Gewölbeschale tragen. Ist ein Kreuzrippengewölbe in der Querrichtung durch ein vom Kämpfer zum Schlussstein gehendes Rippenpaar unterteilt, so entsteht ein sechsteiliges Gewölbe. Besitzt die Längsachse auch eine Scheitelrippe, so spricht man vom achtteiligen Gewölbe. Eine Sonderform des achtteiligen Gewölbes mit starker Busung ist das Domikalgewölbe, das jedoch meist kuppelförmig ausgebildet ist (auch Rippenkuppel). Ein Segelgewölbe (Schirmgewölbe) ist eine Rippenkuppel (Kuppel) mit segelartig geblähten Kappen zwischen den Rippen. Beim Fächergewölbe (Strahlengewölbe, Palmengewölbe) strahlen zahlr. Rippen von der Stütze bzw. vom Scheitel aus. Das Sterngewölbe setzt sich aus Dreistrahlgewölben oder Rauten zusammen, die zentral um einen Schlussstein gruppiert sind. Seltener ist eine Stütze der Mittelpunkt des sternförmigen Gewölbegefüges. Ein Netzgewölbe besteht aus mehreren parallel verlaufenden Rippen, teilweise aus Rippengabeln, so dass Quadrate, Rechtecke oder Rauten entstehen (Rautengewölbe), die aneinandergereiht sind. Ist die Reihung auch in der Grundrissprojektion kurviert, so entsteht die gewundene Reihung (Kurvatur). Die reichen Figurationen später Rippengewölbe haben im Allg. keine tragende Funktion mehr, sondern sind rein dekorativ der Gewölbeschale unterlegt (Stuckrippen). Zweischichtige Gewölbe haben unter der figurierten Gewölbeschale noch eine von dieser losgelöste, nichttragende Rippenfiguration. Sind die Gewölbeflächen beim Netz- bzw. Sterngewölbe prismat. vertieft und die Grate (ohne hervortretende Rippen) scharfkantig gebildet, so entsteht ein Zellengewölbe. Eine Sonderform ist das Tropfsteingebilden nachgebildete Stalaktitengewölbe der islam. Baukunst. [Koepf / Binding 2016] (de)
  • Gewölbe, krummflächiger oberer Abschluss eines Raumes. Konstruktion: Das G. besteht in der Regel aus Steinen, die sich zwischen Widerlagern verspannen (echtes G.), in frühester Zeit wurde es allerdings durch Vorkragen einzelner horizontaler Steinschichten gebildet (unechtesG.). Auch können die Schichten eines G.s schräg an eine Stirnmauer angelehnt sein. Meist wird es über einem später wieder entfernten Lehrgerüst aus Holz aufgebaut, falls es nicht direkt auf einer Schalung gegossen wird (Gussg.). Die Fugen zwischen den Steinen sind auf denG.mittelpunkt gerichtet. Die Bezeichnungen der einzelnen Teile des G.s sind ähnlich wie beim Bogen: Der ersteStein heißt G.anfänger, der oberste Schlussstein, seine Höhe über dem Kämpfer ist die Pfeil- oder Stichhöhe. Die Untersicht des G.s heißt G.fläche (G.laibung). Die Dicke der G.schale nennt man G.dicke, die obere Seite eines G.s ist der G.rücken. Ist das Bogenfeld eines G.s offen, so entsteht ein offenes G., dessen vordere Ansichtsfläche der Stirnbogen ist. Ist das Bogenfeld mit einer Mauer (Stirn-, Schildmauer) verschlossen, so entsteht das geschlossene G. Schneiden in ein G. andere Wölbungen ein, deren Scheitel quer zum Scheitel des Hauptg.s verlaufen (Stichkappen), so ist die Fläche des Hauptg.s von der Stichkappe durch den G.kranz (Kappenkranz) getrennt. Die Kanten, die durch die Überschneidung verschiedener G.flächen an der Laibung entstehen, nennt man Grate. Das G. übt an den Widerlagern einen Schub aus, der im Inneren durch Anker aufgenommen werden kann. Der schräg nach unten gerichtete G.druck auf die G.widerlager ist die Resultierendeaus Auflagerdruck und G.schub und wird durch Strebemauern oder Strebepfeiler aufgenommen. Zur Verringerung des G.gewichts wurden manchmal Hohlkörperaus Ton (Töpfe) eingegossen oder Kassetten ausgespart. Als Teilg. bezeichnet man die eingeschnittenen Zwickel eines G.s (Stichkappen), hauptsächl. aber die zum G. überleitenden Elemente (Pendentif, Trompe). [Koepf / Binding 2016] (de)
  • Massive Konstruktion mit bogenförmigem Querschnitt, die als Raumüberdeckung dient. Im Burgenbau dienen G. seit dem 12. Jh. als oberer Abschluss von Gängen und Erdgeschossräumen. Im weiteren Verlauf werden bei Bergfrieden und Donjons (Wohnturm) sämtliche Geschosse eingewölbt. Dabei werden einfache G.-Formen wie Tonnen- und Kreuzgrat-G. verwendet. Erst im Spätmittelalter werden in großem Umfang auch Wohnräume und Saalbauten mit G.n überspannt, oft als Kreuzrippen-G. (Lauf BY, um 1350). Am Ende des Burgenbaus werden auch reiche Zier-G. zur Ausstattung repräsentativer Bauten herangezogen, so wird die Albrechtsburg in Meißen S mit Netz- und Zellen-G.n geschmückt und der Wladislawsaal der Prager Burg CZ mit einem Schlingrippen-G. überspannt. Im Schlossbau der Renaissance kehrt man nach italienischem Vorbild zum Tonnen-G. zurück, das man aber jetzt mit Stuckaturen und Malerei verziert. Nur in Keller- und Vorratsräumen werden weiterhin Kreuzgrat-G. verwendet. Weitgespannte G., oft mit einem flachen Spiegel, spielen auch im barocken Schloss eine bedeutende Rolle, sie tragen mit den Deckenmalereien wesentlich zur Raumgestaltung bei (Fresko des Gian Battista Tiepolo im Treppenhaus und im Kaisersaal der Residenz Würzburg BY). Im 19. Jh. existieren dann verschiedene G.-Varianten nebeneinander: Grat- und Rippen-G. sowie Tonnen-G. finden je nach Wunsch Verwendung. B. Sch.-W. [Wörterbuch der Burgen, Schlösser und Festungen] (de)

Unterbegriffe

Synonyme

  • Gewölbeform (de)
  • Wölbung (de)

Anwendungshinweise

  • Krummflächiger oberer Abschluss eines Raumes. (de)

In anderen Sprachen

  • Englisch

  • real vault
  • solid vault
  • vaulting
  • voûte

    Französisch

  • voûtement
  • vraie voûte
  • klenba

    Tschechisch

URI

https://hist-arch-vocab.org/bvha#c_049c4c22

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RDF/XML TURTLE JSON-LD Erstellt 18.02.19, Geändert am 19.01.21