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Angaben zum Begriff

Anlage > Gebäudekomplex > Festung
Anlage > Wehrbau > Festung

Bevorzugte Bezeichnung

Festung  

Typ

  • owl:NamedIndividual

Definition

  • Festung, Veste, ein ausschließl. zu Verteidigungszwecken errichteter Wehrbau, der zumeist aus mehreren untergeordneten Anlagen besteht und in Form und Ausbildung von der Entwicklung der Feuerwaffen abhängig ist. Die F. wird durch einen aufgeschütteten Wall und davor ausgehobenen Graben gesichert. Die Außenseite der geböschten ( dossierten) Umwallung (Escarpe) ist zumeist bis zur Grabensohle gemauert, ebenso die Gegenseite des Grabens (Contrescarpe). In breiten Gräben oder an der Böschung der Escarpe können halb in die Erde eingegrabene, überdeckte und mit Schießscharten versehene kleine Erdwerke, die Caponnieren, angelegt werden, oder die Enveloppes als schmale Außenwerke im Graben oder an der Contrescarpe. Hinter der Escarpe mit ihrer Abdeckung (Cordonstein) liegt ein Bankett für die Schützen und der gedeckte Rodengang, darunter häufig Kasematten, überwölbte und zusätzl. durch Erdaufschüttung geschützte, teilweise mehrgeschossige Räume zur Unterbringung von Besatzungen, Kanonen und Munition. Den oberen Abschluss bilden erhöhte Plattformen (Kavaliere) zu Beobachtungszwecken und zur Aufstellung von Kanonen. Um die Annäherung des Feindes zu erschweren und ihn mit seinen schweren Schusswaffen möglichst auf Distanz zu halten, wird ein leicht abfallendes, unbebautes Gelände, das Vorfeld oder Glacis, angelegt. Zwischen Glacis und Contrescarpe liegt zumeist ein gedeckter Gang. Um jeden Teil der F.smauer mit Feuerwaffen bestreichen zu können, werden Wall und Graben so gebrochen, dass man von dem vorspringenden Teil, den Bastionen, den anschließenden Mauerabschnitt (Kurtine) schützen kann. Aus urspr. runden Bastionen entwickelt sich über winkelförmige die Anlage mit zwei spitz zulaufenden Facen (Frontlinien) und eingezogenen Flanken (ital. Befestigung). So entsteht zunächst ein Typ mit vorstehenden Eckbastionen (bastionierter Grundriss), später der sternförmige mit einspringendem Winkel (tenaillierter Grundriss), der im frz. Festungsbau durch stärkere Betonung der Bastionen variiert wird (Vauban 1633-1707). Die ital. Befestigungsweise mit den spitzwinkligen Bastionen verändert der Straßburger Daniel Speck 1589, indem er den von Albrecht Dürer 1527 entwickelten kasemattierten Wall mit kleinen Caponnieren auf die Bastion überträgt, 90° für den ausspringenden Winkel wählt und die Bollwerke vergrößert. Zur besseren Sicherung des Glacis und der inneren Umwehrung können Außenwerke verschiedener Gruppen angelegt werden, die, der Kurtine vorgelagert, Teile der Hauptf. sind und mit dieser sowie untereinander durch schmale, gegen Beschuss geschützte Gänge (gedeckter Weg) verbunden sind. Sie werden gebildet aus zwei Facen und können mit Flanken an die Kurtine angebunden sein. I. Offene Schanzen: 1. Schulterwehr als gerade Linie mit Seitendeckung durch stumpf angesetzte Flügel. 2. Zange oder Tenaille als einspringender Winkel aus zwei Facen. 3. Redan oder Flesche (aus Halbmond) als ausspringender Winkel aus zwei Facen; in etwas größerer Form Ravelin genannt, dem Contregarden, zwei parallel zum Hauptwall verlaufende Facen, vorgelagert sein können. 4. -+ Lünette (3), auch Brille oder detachierte Bas- tion genannt, ist ein Ravelin mit kurzen, eingezogenen Flanken, durch einen gedeckten Gang mit der Festung verbunden. 5. Offene 186 Polygonalschanze oder offene Re- doute ist z.B. aus fünf Seiten eines Achtecks gebildet. II. Halboffene Schanzen mit Flankierung: 1. Einfache Tenaille (Scheer- oder Zangenwinkel), mit divergierenden Flanken als Pfaffenmütze, mit konvergie- renden Flanken als Schwalben- schwanz oder mit angesetzten Schultern zur Flankierung als geschulterte Zange. 2. Doppelte Tenaille mit zwei einspringen- den und dazwischen einem aus- springenden Winkel mit oder ohne Schultern. 3. Tenaillon, ein Ravelin mit zwei halben Contregarden (vor jeder Face eine), die einen eingehenden Winkel bilden und durch einen Redan oder ein anderes Außenwerk gedeckt sind. 4. Geschulterter Redan mit drei ausspringenden Winkeln, von denen der mittlere der längste ist. 5. Hornwerk, zwei halbe Bollwerke sind in der Front mit einer Kurtine verbunden und mit zwei langen, parallelen Flügeln an eine Kehle des Festungswerks angeschlossen. 6. Kronwerk entspricht dem Hornwerk, jedoch ist die Kurtine in der Mitte durch eine Lünette unterbrochen, die mit der Spitze vor die halben Bollwerke vorsteht. Um das bes. gefährdete Tor zusätzl. zu schützen, wird eine ringförmige Befestigung (Bastille) mit Türmen in Weiterentwicklung der Barbakane vorgelegt oder ein kleineres flankierendes Werk (Eschif), das die Zugänge zum Tor verteidigt und den Graben bestreicht, oder ein runder dicker Turm bzw. eine halbkreisförmige Bastion (Rondell) angelegt. [Koepf / Binding 2016] (de)
  • Verteidigungsanlagen, die baulich auf den Einsatz schwerer Feuerwaffen reagierten und ab etwa der 1. Hälfte des 15. Jh.s zum Einsatz kamen. »Eine F. stellt eine örtliche Gesamtheit von Verteidigungsanlagen und verteidigten Anlagen dar; ihre Befestigung ist gegen Feuerwaffen widerstandsfähig, zu selbständiger Kampfführung mit Feuerwaffen ausgerüstet, auf Dauer geplant und mit einem dem Gelände und dem jeweiligen Stand der Waffentechnik angepassten System von Verteidigungsanlagen und Annäherungshindernissen versehen« (Brohl). Eine F. konnte also gegen einen mit allen gängigen Angriffsmitteln ausgestatteten, zahlenmäßig überlegenen Gegner nachhaltig verteidigt werden. Auch eine technisch und baulich angepasste Burg konnte eine F. sein (Marksburg RP; Marburg HE: Landgrafenschloss; Hohenkrähen BW). Ebenso konnten Schlösser (Jülich NW, Gotha TH) oder Städte (Dresden S; Berlin BR; Ulm BW/BY) zu einer F. ausgebaut werden. Hinsichtlich der seit dem späten Mittelalter üblichen Verteidigung mit und gegen Feuerwaffen mussten Maßnahmen zur Abwehr von Angreifern getroffen werden. Diese mussten einerseits eine Verstärkung der eigenen Wehranlagen gegen den Beschuss mit Kanonen erreichen (oft durch die Verstärkung der Mauerdicke, z. B. Rhódos GR, von etwa 3 auf 12 m) und andererseits die Möglichkeit schaffen, eigene Geschütze aufzustellen, um so Angreifer auf Distanz halten zu können. Die kostenintensive Aufrüstung einer Burg entsprechend den waffentechnischen Erfordernissen der Zeit war nicht allen Burgherren möglich, so dass konsequente Umbauten nicht überall zu realisieren waren (z. B. Friedberg HE; Münzenberg HE). In der (frühen) Neuzeit wurden F.en systematisch geplant und gebaut (F.s-Systeme, Manier) und in Traktaten von F.s-Theoretikern, Ingenieuren, Mathematikern, Wissenschaftlern und Künstlern (u. a. Dürer, Leonardo) behandelt, so dass zu Recht von F.s-Wissenschaft und -Kunst gesprochen wird.Die Zwecke von F.en konnten, wie bei Burgen, sehr unterschiedlich sein: Schutz für militärische Einrichtungen und Fabriken, der Landesgrenze (Grenz-F.) oder für wichtige (Heeres-)Straßen, Pässe (Sperr-F.), Eisenbahnen, v. a. beim Übergang über große Flüsse; des Weiteren Ausgangspunkt für Angriffsbewegungen eines Heeres (Offensiv-F., Lager-F.) oder der Flotte, Sammelplatz und Zuflucht für geschlagene Armeen. Meist hatte eine F. mehrere Aufgaben zugleich zu erfüllen (z. B. Straßburg, Toul, Thorn, Warschau: alle wichtigen Depotplätze, Brückenköpfe an Stromübergängen großer Verkehrsstraßen, Stütz- und Ausgangspunkte für Operationen, Sammelplätze bei nötigem Rückzug). Die Groß-F.en des 19. Jh.s bestanden nicht allein aus der Umwallung ( Enceinte), Außenwerken und äußeren Werken, sie waren zudem von weiträumigen Fortgürteln umgeben (Fort-F.en: Metz, Köln). M. L. [Wörterbuch der Burgen, Schlösser und Festungen] (de)

Oberbegriff

Unterbegriffe

Synonyme

  • Veste (de)

In anderen Sprachen

  • tvrz

    Tschechisch

  • Feste

URI

https://hist-arch-vocab.org/bvha#c_efb4d1b0

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RDF/XML TURTLE JSON-LD Erstellt 28.04.20, Geändert am 27.01.21