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Angaben zum Begriff

Anlage > Wehrbau > Burg

Bevorzugte Bezeichnung

Burg  

Typ

  • owl:NamedIndividual

Definition

  • Burg, Feste, ein bewohnbarer Wehrbau, den eine Person oder eine Gemeinschaft zu ihrem Schutz als ständigen oder zeitweiligen Wohnsitz errichtet. Hervorgegangen ist sie in Nord- und Osteuropa aus der nur in Notzeiten aufgesuchten, dem Gelände angepassten vor- und frühgeschichtl. Fluchtb. und dem mehr oder weniger geschützten fränk. Herrenhof, in Süd- und Westeuropa, bes. in Gallien, Italien und Spanien, aus dem regelmäßigen, von Türmen flankierten röm. Kastell. Für die europ. B. lassen sich allg. Grundformen erkennen. Nach der Lage werden unterschieden: die Höhenb. auf schwer zugängl. Berggipfel mit Rundsicht, als Gipfelb., Kammb., Spornb. oder Hangb., und die Niederungsb., zumeist mit Wasser umgeben, als Wasserb. oder Turmhügelb. (Motte). Hinsichtl. ihrer Bauherren unterscheidet man Volks- von Fluchtb.en, Pfalz und Reichsb., Fürstenb., Grafenb., Hochadels-(Ritter-), Ministerialen- oder Dienstmannenb., Ordensb., Stadtb. und Kirchenb. Nach der Form gliedern sich die B.en in: a) Zentralanlagen: Turmhügelb„ Hausberg oder Motte; Ring-, Randhaus oder Gadenb. ohne Turm, mit Mittelturm, mit radialem Turm, mit mehreren Türmen; Turmb.; quadrat. B. und regelmäßig mehreckige Anlagen. b) Axialb.en, rechteckig mit Zentralturm oder Frontturm, mehreckig mit Front- oder mehreren Türmen; ovale B.en mit Mittelturm, mehreren Türmen oder auch ohne Turm; Schildmauerb.en ohne und mit Frontturm oder zwei flankierenden Fronttürmen; keilförmige, mehrgliedrige B.en als Abschnittsb.en. Die Ringmauer, auch Zingel und bei bes. Höhe Mantel genannt, umschließt den B.bering. Ihr vorgelagert ist ein Wasser- oder Trockengraben. Bei Höhenb.en trennt der bes. tiefe und breite Halsgraben die B. vom anschließenden Bergrücken. Zwischen Mauer und Graben kann ein Absatz, die Berme, die Verteidigungszone verbreitern. Dem inneren Bering vorgelagerte Mauern bilden einen eingeebneten Zwischenraum, den Zwinger. Aus der Flucht der Ring- und Zwingermauer vorspringende rechteckige oder runde Türme ermöglichen eine seitl. Bestreichung. Sie sind häufig zur Innenseite offen (Schalentürme). Auf der Mauerkrone dient ein Wehrgang (Letzte, Rondengang oder Mordgang) mit Brustwehr zum Schutz der Verteidiger. Die Brustwehr hat entweder Schießscharten oder besteht aus wechselnd rechteckigen, nicht überdeckten Maueröffnungen (Zinnenfenster, Zinnenscharte) und geschlossenen Mauerstücken (Zinne). Auf die Ecken der Ringmauer werden kleine, vorgekragte Türmchen aufgesetzt (Scharwachtturm, Hochwacht, Pfefferbüchse, Tourelle). In der Ringmauer und in den Türmen sind Schießscharten so angebracht, dass das Angriffsfeld von Pfeil- oder Armbrustschützen beherrscht wird. Um das Schießen mit der Armbrust und später mit Handfeuerwaffen in einem möglichst großen Winkel nach den Seiten und nach unten zu gestatten, sind die schlitzartigen Schießscharten nach innen oder außen (Schartenmaul) auf beiden Seiten, häufig auch nach unten, erweitert. Über Toren, Eingängen und an Türmen finden sich Pechnasen oder Gusserker, kleine auf Kragsteinen oder Konsolen ruhende Erker, die nach unten offen sind und nach vorne häufig ein Spähloch haben. Sie dienen zum Hinabschütten von heißem Wasser, Öl oder Pech. Mit den Pechnasen häufig verwechselt, befinden sich in der Ringmauer über dem Graben oder am Bergfried Aborterker (Abtritt). Das Burgtor wird zunächst als ein einfacher Torbogen mit eisenbeschlagenen Holzflügeln, eingeschlagener Zugbrücke oder Fallgatter gestaltet. Häufiger sind gewölbte Torwege, auch Torhallen. Reichere fortifikator. Gestaltung erfährt das Tor dann als Zwingertor und als Torb. mit flankierenden Türmen. Schließl. bildet sich ein System von hintereinander liegenden Torbefestigungen und halbkreisförmiger, mit Schießscharten versehener Vormauer (Barbakane) heraus, die seit dem 15. Jh. vergrößert und mit Türmen versehen wird (Bastille). Im Belagerungsfall kann ein versteckter Ausgang in der Ringmauer oder auch ein kurzer Gang durch Mauerdicke und Wall (Poterne) für den Ausfall benutzt werden. Erfordert die Lage der B. einen bes. Schutz auf einer Seite, so wird dort die Ringmauer dicker und höher ausgebaut als Schildmauer, die gleichzeitig die Aufgabe des Bergfrieds übernehmen kann oder auch mit einem Bergfried verbunden ist, der hinter ihr stehen, in sie eingebaut oder seid. angebaut sein kann. Turmartig vorkragende Ausbauten (Scharwachtturm) können an beiden Enden der Mauer einen Abschluss bilden. Zumeist frei im B.hof, in seiner Mitte oder in der Nähe der angriffsgefährdeten Seite steht der Bergfried, der Hauptturm der B., der bes. in frz. und engl. B.en als mächtiger Wohnturm ausgebildet sein kann (Donjon, Keep). Entlang der Ringmauer, mit dieser verbunden oder innen frei vorgestellt, nehmen Palas und Kemenate eine Seite des B.hofs ein, häufig mit der Burgkapelle verbunden, die aber auch in einen Bau eingefügt sein oder frei im Hof stehen kann. Die Nutzbauten für Gesinde, Wirtschaft und Vieh sowie die Küche mit großem Kamin, häufig als Fachwerkbauten, sind zumeist an die geschlossene Ringmauer angelehnt, oder sie befinden sich in der Vorb. Wichtig für jede Höhenb. ist der Brunnen. Bei zu großer Höhe oder ungeeigneten Bodenverhältnissen genügt eine Zisterne, ein zumeist unterird. Raum zum Sammeln von Regenwasser. [Koepf / Binding 2016] (de)
  • Im engeren Sinne wehrhafter Wohnsitz des Adels in Europa, die so genannte Adels-B. (Ritter-B.) sowie andere bewohnbare Wehrbauten des Mittelalters, wie Zoll-B.en, Belagerungs-B.en, Ordens-B.en oder Okkupations-B.en, die während des 11.–15. Jh.s errichtet wurden und oft noch vollständig, teilweise oder als Ruinen erhalten sind. Im weiteren Sinne werden aber nicht nur vorgeschichtliche, sondern vor allem frühgeschichtliche Befestigungen des 7.–10. Jh.s (Abschnitts- und Ringwälle) zu den B.en gerechnet, von denen zumeist nur noch Wälle und Gräben zeugen. Allerdings sind auch viele hoch- und spätmittelalterliche B.en nur noch im äußersten Verfallszustand erhalten ( B.-Stall). Im Spätmittelalter können auch Städte oder Gemeinwesen B.en erwerben oder errichten. Sie haben dann im Allgemeinen die Funktionen von Festungen. Manche B.en haben sich schon bald als Fehlgründungen erwiesen, andere erlagen dem B.en-Sterben. Im hier betrachteten Sinne ist die B. eine besondere, spezialisierte mittelalterliche Siedlungs- und Architekturform, die vom Früh- zum Hochmittelalter eine beachtliche Entwicklung und einen großen Wandel durchgemacht hat, wobei sich nicht allein die Bauform, sondern vor allem ihre Funktion verändert hat. Die meist sehr großflächigen B.en des 7.–10. Jh.s besaßen Mauern in Holz-Erde-Stein-Konstruktion, seltener ganz aus Stein, und dienten als multifunktionale Anlagen u. a. dem Schutz und der Verwaltung von Grundbesitz des Königs und der Herzöge (Landes-B.en) sowie des dynastischen Adels, ferner der intensiven Produktion und dem Umschlag von gewerblichen Gütern, als Versammlungsplätze für politische, militärische und gerichtliche Zwecke sowie oft als Zentren der frühen Kirchenorganisation. In einigen Fällen ist ihre zusätzliche Funktion als Flucht-B. (»Refugium«) für bestimmte Teile der Bevölkerung bezeugt. Seit dem frühen 10. Jh. erschienen nun häufiger auch kleinflächige B.en, die immer öfter als ständige Wohnsitze einzelner Adelsfamilien fungierten. Diese Aufgabe dominierte im Hoch- und Spätmittelalter, wenngleich die Mehrzweckfunktion der B. als Mittelpunkt der Herrschaft (Amts-B., B.-Ward), als Wirtschaftszentrum und Wehrbau weiterhin bestehen blieb und als Stätte höfischer Kultur sogar eine Erweiterung erfuhr. Zunehmend wuchs damit ihre Bedeutung im Rahmen der Territorienbildung (B.en-Politik, Territorial-B.). Der Übergang von B.en zu Schlössern und Festungen ist fließend und kann nicht an Bauformen festgestellt werden, sondern an der Zeitstellung, die neue Funktionen verlangte. Viele B.en wurden zu Schlössern umgebaut und ergänzt (München BY, Berlin BE, Weimar TH, Wien A). Während anfangs überwiegend Holzbauten in den B.en errichtet wurden, nahm der Steinbau seit dem 10./11. Jh. ständig zu ( Saalbau, Wohnturm), um im 12.–15. Jh. einen Höhepunkt zu erreichen, ohne jedoch Holzkonstruktionen ganz zu verdrängen (Holz-B.en). Die ältere Forschung bemühte sich um eine Klassifizierung der B.en vornehmlich nach topografischer Lage (Höhen-B., Niederungs-B.) und Art der architektonischen Bebauung (u. a. Frontturm-B., Kastell-B., Randhaus-B.), aber auch nach ihrer Funktion und nach ihren Bauherren oder Besitzern (Dynasten-B., Ganerben-B., Landes-B., Ministerialen-B., Reichs-B.), ohne damit die historische Bedeutung der B.en für die mittelalterliche Lebenswelt ganz zu erfassen. Nach baulich-funktionalen Kriterien wird zwischen Kern-B. und Vor-B. unterschieden, von denen der oft zugehörige B.-Flecken ( Tal oder »Freiheit«) zu trennen ist. Der Erforschung mittelalterlicher B.en widmet sich neben der Geschichts- und Kunstwissenschaft sowie der Bauforschung in jüngerer Zeit vor allem die B.en-Archäologie. H. W. B. [Wörterbuch der Burgen, Schlösser und Festungen] (de)

Oberbegriff

Synonyme

  • Veste (de)

In anderen Sprachen

  • hrad

    Tschechisch

  • opevnění
  • opevněný hrad
  • pevnost

URI

https://hist-arch-vocab.org/bvha#c_f8146cf8

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RDF/XML TURTLE JSON-LD Erstellt 19.08.19, Geändert am 27.01.21