Die Verwendung fachgerechter Termini hat in der baugeschichtlichen Forschung und Baudokumentation für die Übertragung von Objekten und Objekteigenschaften in die Textform eine herausragende Bedeutung. Die Digitalisierung eröffnet vielfältige Chancen für die integrative disziplinenübergreifende Kollaboration, die Anschlussfähigkeit und Nachnutzbarkeit der Erschließung von historischen architektonischen Sachzeugnissen. linked-open-data-fähige Thesauri bilden hier einen Anker für die dezentrale Vernetzung von Digitalisaten, gewährleisten konsistente, quantitativ und qualitativ aussagekräftige Analysen, die effiziente Wiederverwendbarkeit von Informationen und schließlich gleichsam automatisch einen stets aktuellen Stand der jeweiligen Informationen. Die Verfügbarkeit von fachspezifischen Normdatensätzen im Semantic Web öffnet darüber hinaus der Allgemeinheit wesentliche Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung.
Das Bamberger Vokabular für historische Architektur ist der einzige Normdatensatz für die historische Bauforschung, die Baugeschichte, den Bauerhalt und die Bauwerksrestaurierung, der im Unterschied zum etablierten Getty Art & Architecture Thesaurus Fachtermini nun auch umfassend in deutscher Sprache abbildet und neben kunsthistorisch orientierten, formalen und typologischen Begriffen reichhaltiges Wissen bezüglich der Baukonstruktion, der Bautechnikgeschichte, der Gebäudeausstattung, der Zustandserfassung und Instandsetzung erschließt.
Das Bamberger Vokabular folgt den Vorgaben des WWW-Konsortiums für Simple Knowledge Organization Systems (SKOS). Verweise auf Über- und Unterbegriffe sowie verwandte Begriffskonzepte bilden im Ergebnis eine Begriffsontologie in der Form eines semantischen Graphen, dessen Zuordnungsprinzip stets durch den phänomenologischen Bedeutungsgehalt und nicht durch sprachliche Ähnlichkeiten definiert wird. Neben deutschen bevorzugten und alternativen Bezeichnungen sind den Begriffskonzepten darüber hinaus vielfach Entsprechungen in Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Tschechisch zugeordnet.
Das Bamberger Vokabular für historische Architektur unterscheidet grundsätzlich in zwei unterschiedliche Konzeptarten. Zum einen bezeichnen Begriffe für strukturelle Objekte den „Typ“ des jeweiligen Sachzeugnisses selbst. Solche Konzepte sind hinsichtlich ihrer Komplexität, ihres Maßstabs, ihrer vollständigen Funktionsfähigkeit und ihrer hierarchischen Stellung im topologischen Gesamtgefüge vom „Großen“ ins „Kleine“ sortiert. Dadurch wird dem Nutzer die konsistente Anwendung der Begriffsontologie erleichtert. Hier besteht ferner ein Zusammenhang mit dem Strukturmodell von CIDOC-CRMba. Zum anderen beschreiben weitere Begriffe Themen mit Objektbezug jenseits einer Typisierung, wie Merkmale, Vorgänge, Materialien, Akteure, stilistische Zuordnungen etc. Wir hoffen mit diesem Vorgehen die ontologisch konsistente Benutzung der Konzepte des Bamberger Vokabulars zu unterstützen.